Tattoos schocken fast niemanden mehr. Ein Tätowierer, der Gaumen
verziert aber sehr wohl noch. Weit im Mund, hinter den Zähnen und
über der Zunge, hinterlässt der Belgier Indy Voet seine Spuren.
Brüssel (dpa) - Wenn er den Kopf ganz nach hinten in den Nacken legt
und den Mund weit aufmacht, dann kann man ihn sehen. Den kleinen
Haufen in Lucas Mund. Vorausgesetzt man ist kleiner als er. Denn das
Tattoo, dass an das «Scheißhaufen»-Emoji angelehnt ist - im Original
«Pile of Poo» genannt - liegt in seinem Gaumen. Ja genau, da oben,
zwischen den Zähnen.

  Auch wenn er wortwörtlich kein unbemaltes Blatt ist: Selber wäre der
stark tätowierte Lucas nicht darauf gekommen, sich ein Gaumentattoo
stechen zu lassen. Diese Stelle seines Körpers hat er ganz
uneigennützig seinem besten Freund, dem Tätowierer Indy Voet, für
Trainingszwecke zur Verfügung gestellt. Der 32-Jährige Belgier ist
bekannt für seine Tattoos - auch an durchaus ungewöhnlichen Stellen.
Auch wenn in der Corona-Krise daran derzeit nicht zu denken ist.
Seine Spezialitäten: Ohren- und Genitaltätowierungen - sowie besagter
Gaumen. «Ich versuche, viel von Allem zu machen», sagt Voet an einem
lauen Sommertag in Brüssel, an den Tresen seines Tattoo-Studios
gelehnt. Im Hintergrund läuft Jazz. Die Wände sind mit Tattoo-Motiven
in Bilderrahmen behangen. Dass vor allem seine Gaumentattoos
Aufmerksamkeit bekommen, erklärt er sich damit, «dass es weniger
Leute gibt, die sie machen». Und jetzt ist es eben «sein Ding»
geworden.

  Genau genommen ein Ding, das um die Welt geht: Als diesen Sommer eine
Twitter-Nutzerin in Indien zwei Bilder seiner Werke teilt, ist die
Internet-Gemeinschaft in allen Ecken der Welt in heller Aufregung:
«Warum nur sollte man das machen», «Das ist verrückt», «Widerlich!».
«Ich verstehe, dass es ein seltsamer Fleck ist, den viele Leute nicht
nachvollziehen können», sagt Voet. Aus Sicht des ehemaligen Piercers
sieht es aber «fantastischer und schmerzhafter und seltsamer aus, als
es tatsächlich ist».



Tattoos sind schon lange nicht mehr nur was für Ex-Knackis und Seefahrer. Heutzutage ist es beinahe schwieriger, jemanden zu finden, der nicht tätowiert ist, als andersherum. Aber ist dieser Trend auch bei den Arbeitsgebern angekommen – oder haben Tätowierte noch immer mit Vorurteilen am Arbeitsplatz zu kämpfen? Der Büroausstatter Viking hat dies mit dem Meinungsforschungsinstitut OnePoll in einer repräsentativen Studie unter 1000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern untersucht. Mit sehr überraschenden Ergebnissen.

Zum Beispiel, dass 47 Prozent der berufstätigen Frauen tätowiert sind, aber nur 39 Prozent der berufstätigen Männer. Die Gruppe der Menschen zwischen 25 und 34 mit 59 Prozent am häufigsten tätowiert. Dagegen haben nur 18 von 100 Arbeitnehmern über 55 ein Tattoo.

60 Prozent der Arbeitnehmer im mittleren Management tragen Tattoos. Im Vergleich dazu sind nur 33 Prozent der Mitarbeiter ohne Führungsverantwortung tätowiert.

Knapp jeder Fünfte sagt aus, dass die eigene Firma keine klaren Richtlinien zur Körperkunst am Arbeitsplatz verfügt. 20 Prozent geben an, dass nur einige sichtbare Tattoos erlaubt sind. Jeder zehnte Arbeitgeber erlaubt gar keine sichtbaren Tattoos.

Knapp ein Drittel der Befragten glauben, dass sich die Wahrnehmung von Tattoos am Arbeitsplatz in Zukunft verbessern wird. Dirk-Boris Rödel, Vorstandsmitglied des Bundesverbandes Tattoo e.V., der zu den Studienergebnissen befragt wurde, sagt: "Ganz sicher werden Tattoos auch weiterhin, wie schon in den letzten Jahrzehnten, weiter an Akzeptanz gewinnen. Allein schon dadurch, dass immer mehr Menschen Tätowierungen tragen und somit auch immer mehr Kunden einerseits, aber auch Arbeitgeber andererseits Tattoos tragen werden."

Aus Rücksicht auf japanische Vorbehalte gegen
Tätowierungen wollen Rugbyspieler bei der bevorstehenden Weltmeisterschaft in Japan ihre Körperverzierungen verdecken, berichtet dpa. So wollen die Spieler aus Samoa, wo das Tragen von Tattoos Tradition ist, an einzelnen Trainingsorten ihrer Gastgeber eng anliegende Sportkleidung tragen. In Japan werden Tätowierungen immer noch häufig mit der heimischen Mafia, der Yakuza, in Verbindung gebracht. So werden Tattoo-Träger oftmals in den berühmten Onsen-Naturbädern abgewiesen.

Doch das ist nicht mehr überall so. Inzwischen gibt es in Japan auch Betreiber von Bädern, die das nicht mehr ganz so eng sehen. So hätten viele Onsen im Wissen, dass zur Rugby-WM viele Spieler und Fans mit Tätowierungen kommen könnten, ihre Vorschriften während des Turniers gelockert, wie der Rugby-Weltverband auf seiner Webseite mitteilt.

Die Spieler aus Samoa, wo schon Jungs ihr erstes Tattoo als Zeichen der Zugehörigkeit zur Gesellschaft bekommen, wollen Respekt gegenüber ihren Gastgebern zeigen. Für jene Trainingsorte in Japan, wo man die Tätowierungen nicht zeigen könne, habe man enge Kleidung zur Abdeckung der Körperverzierungen erhalten, erklärte Samoas Teamchef Va'elua Aloi Alesana. Das gelte aber nur für Schwimmbäder, während des Trainings könne man mit der normalen Sportbekleidung herumlaufen.

  Es stehen immer mehr tätowierte Fußballer auf dem Platz. Der Sportwissenschaftler Ingo Froboese findet die Entwicklung alarmierend. 
  Der Untätowierte: Cristiano Ronaldo ist eine Ausnahme
  Es geht von kleinen Zeichen bis zu großflächigen Gemälden, auch in der deutschen Nationalelf. Toni Kroos beispielsweise hat unter anderem seine Kinder Leon und Amelie auf seinen Armen verewigt. Auf Mesut Özils linkem Oberarm brüllt ein mächtiger Löwe, darunter steht: „Only god can judge me“ – nur Gott kann über mich richten. Dieser Spruch ist auch auf dem Körper von Jérôme Boateng zu finden. Und noch vieles mehr. Auf dem Rücken trägt der deutsche Tattoo-Weltmeister unter anderem sein Familienstammbuch und Porträts seiner Töchter Soley und Lamia – bei Toptalent Leroy Sané prangt dort seit dem Sommer ein gewaltiges Abbild seiner selbst beim Torjubel.

  Auch die Superstars Neymar, Lionel Messi, Zlatan Ibrahimovic oder Sergio Ramos übertreffen sich im Zuge ihrer individuellen Selbstinszenierung nicht mehr nur gegenseitig mit Tricks und Toren, ausgefallenen Frisuren und Schuhen, sondern auch mit großflächigen Tattoos. Eine Ausnahme ist Cristiano Ronaldo – seine Erklärung: „Ich bin nicht tätowiert, weil ich sonst kein Blut spenden könnte.“ Bei jeder Tätowierung entsteht eine Wunde in der Haut, ­dabei können Viren übertragen werden. Deshalb müssen Blutspender danach vier Monate warten, ehe sie wieder spenden können, um Infektionen vorzubeugen.



Das Land Nordrhein-Westfalen hatte einen Polizeibewerber wegen einer Löwenkopf-Tätowierung zunächst nicht zur Ausbildung zugelassen. Ein Gericht hat nun ein Urteil zu dem Fall gesprochen.

Düsseldorf - Eine großflächige Tätowierung auf dem Unterarm ist kein Grund für den Ausschluss vom Polizeidienst. Das hat das Verwaltungsgericht in Düsseldorf am Dienstag entschieden und einem Kommissaranwärter Recht gegeben. Es bestätigte damit seine Entscheidung aus einem Eilverfahren im August 2017.

Das Land Nordrhein-Westfalen hatte den Mann wegen einer Löwenkopf-Tätowierung zunächst nicht zur Ausbildung zugelassen. Dagegen hatte er sich vor dem Verwaltungsgericht im Eilverfahren erfolgreich zur Wehr gesetzt.

Trotz inzwischen erfolgreich absolvierter Ausbildung hatte das Land Nordrhein-Westfalen den 25-Jährigen aber nur unter Vorbehalt in das Beamten-Verhältnis übernommen: Hätte das Land im Hauptverfahren gesiegt, wäre der Kommmissaranwärter entlassen worden (Az.: 2 K 15637/17).
  Die Geschichte der Tattoos ist schon so alt, niemand kann sie erzählen. Eines ist aber sicher: Die Zukunft wird noch bunter.

  Zumindest die Geschichte ist gut: Der Erfolg der im Westen sei die Schuld von James Cook (1728 –1779) beziehungsweise die Tatsache, dass der englische Kapitän 1769 Tahiti entdeckte. Als Cook fünf Jahre später von einem zweiten Ausflug in die Südsee einen Gast nach England brachte, stand Europa Kopf: Prinz Omai, reich an den bis dato noch unbekannten Körperverzierungen wurde durch die Adelshäuser gereicht und ließ sich auf Jahrmärkten bestaunen. Tattoos, so der Schluss, kommen also aus Polynesien.